Ein großes Problem, das in diesen Zeiten mit der Corona-Pandemie einhergeht, ist das Problem der Einsamkeit. Um dieser Einsamkeit zu entgehen gibt es mehrere Möglichkeiten; eine Möglichkeit ist, miteinander zu lachen. Denn wer lacht, ist nicht einsam. Lachen ist sozial. Selbst wenn man alleine lacht, lacht man irgendwie mit jemandem; es ist zwar etwas merkwürdig, wenn jemand zum Beispiel in der U-Bahn plötzlich ohne Gesellschaft und ohne ersichtlichen Grund anfängt zu lachen. Mir passiert das mitunter, wenn ich etwas lustiges lese oder schaue. Aber wenn ich dann hochschaue, begegnen mir nur Gesichter, die mit mir mitlachen auch wenn sie nicht wissen warum. Lachen ist eben tatsächlich ansteckend.
Wer lacht, schaut sich grundsätzlich gerne um und schaut nach mitlachenden Personen. Am liebsten lacht man wohl in Gesellschaft; daher geht man gern in eine Live-Show, in ein Varietee oder zu einem Comedian. Aufgrund dieses Bedürfnisses, etwas gemeinsam zu erleben und gemeinsam zu lachen, wird es auch über kurz oder lang nach der Corona Zeit wieder Live Veranstaltungen geben. Schön, oder? Neben den sozialen Aspekten des Lachens hat das Lachen noch einige weitere Nebeneffekte, auf die ich gern ein andermal eingehe, etwa den therapeutischen Aspekt, wie ihn die „Gelotoloie“, die Lachwissenschaft erforscht.

Doch gemeinsam lachen? Geht das so einfach? Was können wir tun, um etwas lustiges zu erzählen oder bestenfalls sogar lustig ZU SEIN? Daher will ich hier versuchen zu definieren, 1. was lustig ist und 2. wie man „Lustigsein“ (Neudeutsch: Comedy) produziert.

Der Unterschied zwischen der Frage, was lustig ist und was nicht lustig ist, ist recht einfach: Lachen. Eine Erzählung, die kein Lachen produziert, ist vielleicht eine Fabel oder eine Tragödie oder einfach nur eine Geschichte; sie ist jedenfalls nicht lustig. Soviel bzw. so wenig zur 1.Definition.

Die Beantwortung der Zweiten Frage gestaltet sich etwas schwieriger. Um die Frage, wie man Comedy produziert, beantworten zu können, sollten wir beleuchten, was es genau mit diesem Lachen auf sich hat. Warum lachen wir?

Ein Blick in die Geschichte der Menschheit ist immer hilfreich:
Das homerische Lachen, also das Lachen der Götter, ist kein sehr nettes Lachen. Es ist vielmehr ein Auslachen, zum Beispiel als die Götter den Hephaistos auslachen, weil dieser von seiner Frau Aphrodite mit dem Kriegsgott Ares betrogen wird. Schon in der griechischen Mythologie wird das Lachen komischerweise eher als etwas negatives dargestellt. Die alten Griechen lagen eben doch hin und wieder daneben. Auch in der Bibel ist das Lachen Abrahams und Saras eher eine bittere Reaktion auf die Verheißung Gottes, dass sie in ihrem hohen Alter noch ein Kind in die Welt setzen werden. Als Gott dann verwundert fragt, warum sie lachen, leugnet zumindest Sara, dass sie gelacht habe. Es ist also mit Scham verbunden, wenn man gelacht hat. Zumindest nach der Bibel. Das Christentum insgesamt (das ja an sich viele gute Ideen hatte) hat offenbar keine gute Meinung vom Lachen; denn es wurde sogar behauptet, Jesus Christus habe nie gelacht. Das wäre aber traurig für ihn! Auch das Christentum lag leider oft daneben.

Hilfreicher sind einige philosophische Ansätze: die Theorien von Hobbes, Freud und Kant (*).
Hobbes, Theorie der Dominanz
: Nach dieser Theorie ist das Lachen Ausdruck „plötzlicher Herrlichkeit“, also der Überlegenheit, oder um mit Nietzsche zu sprechen: der Moment, in dem der Wille zur Macht befriedigt wird.

Kant, Theorie der Inkongruenz
: Nach seiner Theorie in der dritten „Kritik“ ist Lachen ein Affekt, der auftritt, wenn sich eine gespannte Erwartung plötzlich in Nichts auflöst und dabei gleichzeitig die Konvention kritisiert. Die Erwartung wird erzeugt, weil der Erzähler zwei inkongruente Ideen miteinander kombiniert und diesen Konflikt zu einer Lösung bringt, mit der der Zuschauer nicht rechnet.

Freud, Theorie der Befreiung: 
Freud baut auf der Theorie von Kant auf. Hiernach ist Comedy ein Geschenk, das der Comedian dem Rezipienten gibt; der Comedian spricht das aus, was alle denken, er ist der Narr, mit dem sich die Zuschauer bestenfalls identifizieren und dadurch sich gedanklich aus sozialen und psychologischen Fesseln befreien. Da der Komödiant die Pointe bereits kennt, kann diese Befreiung nur der Rezipient erleben, nicht aber der Comedian selbst.

Tatsächlich sind alle drei Theorien auch heute noch verwendbar, um Comedy zu schaffen. Ich möchte behaupten, es gibt (inklusive der drei genannten) ungefähr 6 Lach-Reize, die teilweise gesondert aber auch gemeinsam einen guten Witz definieren und mehr oder weniger starkes Lachen provozieren. Die Theorie der Inkongruenz nimmt dabei eine Hauptrolle ein: Der Gagschreiber nimmt eine Idee als „Setup“, fügt dieser Idee eine andere, eigentlich nicht kompatible Idee hinzu und führt diese beiden zu einer Lösung, mit der der Zuschauer nicht rechnet. Insofern folgt Comedy den gleichen Gesetzen wie Zauberei: Wir bauen eine Erwartung auf und brechen diese dann. Interessant ist dabei die „Plötzlichkeit“ wie bei der Theorie von Hobbes; eine gute Punchline und ein guter Zaubertrick sind nur so gut wie die Plötzlichkeit ihres Erscheinens.

Neben diesen drei noch heute aktuellen Lach-Reizen von Hobbes, Kant und Freud gibt es noch mindestens drei weitere, die ich gern ein andermal thematisiere, um hier nicht episch zu werden. Dies soll es vorerst gewesen sein zum Thema: Wie überbrücken wir diese lustlose Corona Zeit mit kreativer Comedy?

Solltet Ihr zwischendurch Lust auf Comedy bekommen haben, Eure Comedy aufzubessern, könnt Ihr auch gern meine neue gegründete Online Comedy Schule in Anspruch nehmen. Schaut mal vorbei auf www.comedy-factory.com! Lasst uns zusammen die Frage angehen, was lustig ist an Euch und wie Ihr Euer bereits bestehendes Comedy Potential auf eine neue Ebene bringt!
Bis zum nächsten Mal! Timothy Trust

 

 

(*) siehe auch: Agnes Heller, „Was ist komisch“, Konturen Edition, Wien 2018, S.167 ff.