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„Was für ein Zirkus!“ musste ich vor einigen Tagen denken, als ich in der Kleinstadt aus dem 13.Jahrhundert Minichinhampton/ England ankam und sich im Mitten von Nichts, vor mir, eine kleine Zirkusstadt auftat. Der Gifford Circus. Ein kleiner Zirkusschatz den ich dank meiner Freundin und Luftakrobatin Stephanie Chisholm erleben durfte. Stephanie tourt diesen Sommer von Mai bis Ende September mit der Zirkuscompany durch die Vororte Londons und ich durfte sie besuchen. Der Gifford Zirkus entstand im Jahr 2000 aus dem Traum zweier Freunde heraus. Den ersten Zirkuswagen haben sie selbst gebaut und er existiert auch heute noch und dient als Unterkunft für den Zirkusdirektor. Die Company, die jedes Jahr wechselnde Artisten beherbergt, besteht aus ungefähr 60 Artisten, Köchen und Arbeitern. Alle wohnen Sie in wundervoll braun/goldenen Zirkuswagen wie man sie aus Bilderbüchern kennt. DAs Zirkuszelt fasst um die 500 Besucher und ist in der Hochsaison 2-3 mal täglich ausverkauft. Der Giroford Zirkus hat sich im Laufe der Zeit einen Namen gemacht und die Städte warten jedes Jahr nur darauf, dass er ihre Stadt in einen Pool bunten Treibens hüllt. Man merkt, dass hier kein zweckmäßiges Zusammenleben herrscht, sondern eine familiäre Atmosphäre. Alle packen mit an. Die Artisten helfen jede Woche beim Ab und Aufbau des Zeltes und der „Zirkuswaagenstadt“. Stephanie ist zum Beispiel für die Wasseranlage zuständig und verlegt zusammen mit ihrer Showpartnerin mehrere hundert Meter Schläuche, um die Wagen mit Wasser zu versorgen. Ich bin beeindruckt von der ganzen Atmosphäre auf dem Gelände und kann es kaum erwarten die Show zu sehen. Ich trete in das Zelt und werde von in typischen Zirkuskostümen gekleideten Frauen, die mit mit Popcorn und Riesenlollis ausgestattet sind, zu meinem Platz gewiesen. Die Sitzbänke sind eng und klein, wie man es von einem Zirkus erwarten würde. Die Mange ist eine Augenweide. Ein buntes Podest für die Liveband ist zu sehen, eine noch bunterer Teppich liegt in der Manege und auf einer Seitenbühne die im Stil einer Westenkneipe dekoriert ist (die Show ist dieses Jahr dem „wilden Westen“ gewidmet) befindet sich ein Springbrunnen. In der Show mit dem Namen „The painted waggon“ ist der Star der Clown, der wie ich später erfahre schon seit 10 Jahren mit dabei ist. Er veranstaltet ein Chaos auf der Bühne mit Zuschauern, Kindern, Zauberei und einem Huhn. Denn im Gifford Zirkus gibt es noch Tiere. Ein Huhn, 5 Pferde und einige Hunde. Die Artisten sind alle professionelle Künstler. Es gibt eine Hulla Hoop Lady die gleichzeitig die etwas angetrunkene und verrückte Zirkusdirektorin spielt. Stephanie und ihre Partnerin sind zunächst prüde, katholische Mädchen, die gegen den freizügigen Zirkus demonstrieren und am Ende ihre Hemmungen verlieren und selbst in sexy Unterwäsche im Luftring ihre spektakulären Kunststücke zeigen. Es gibt eine peitschenschwingende und Revolver jonglierende Westerndame, eine äthiopische Gruppe, deren Männer an chinesischen Mästen turnen und die Frauen eine tolle Balancenummer zeigen. Alle Nummern werden b gleitet von einer witzigen und äußert guten Live Band und die ganze Show ist in eine kleine Geschichte verpackt, die jedem Künstler seine schauspielerischen Fähigkeiten entlockt. Ich bin begeistert und freue mich die Nacht in einem echten Zirkuswagen verbringen zu dürfen. Ein Kinderheitstraum wird wahr.
Der Gifford Circus ist ein Erlebnis das seinesgleichen sucht. In Deutschland habe ich so einen Zirkus noch nicht gesehen. Man wird zurückversetzt in die alten Tage in denen der Zirkus, der einmal im Jahr in die Stadt kam, noch ein Highlight war. Heutzutage kämpfen die meisten kleinen Familien-Zirkusse ums Überleben und können nicht mehr das gleiche Erlebnis bieten. Die Menschen sind anspruchsvoller geworden und besuchen eher die Weiterentwicklung des Zirkus – das Varietétheater. Wenn es mehr von solchen liebevoll und leidenschaftlichen Zirkusprojekten wie den Gifford Circus geben würde, dann würde der Zirkus vielleicht keine aussterbende Branche sein. Ich hoffe dass es ihn noch lange geben wird. Also wer im Sommer in England ist- haltet Ausschau nach dem Gifford Circus. Er ist einen Besuch wert!

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